KINDgerecht Magazin für frühkindliche Bildung, Ausgabe 2 / November 2022 - Magazin - Seite 34
KI-TECHNOLOGIE
Sprachbarrieren überwinden
mit Künstlicher Intelligenz
Gerade in größeren Städten liegt der
Anteil von Kindern mit vorwiegend
nicht deutscher Familiensprache teilweise bei 40 Prozent* oder höher.
Besonders in der frühen Bildung ist eine
enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Familien wichtig, um
Kindern bestmögliche Bildungs- und
Entwicklungschancen zu ermöglichen.
Sprachbarrieren können dabei eine
große Hürde sein.
Die Herausforderung
Konventionelle Übersetzungs-Apps haben sich in Praxistests als
ungeeignet für den Einsatz in der Kommunikation mit Eltern erwiesen, da sie Begriffe, die den Kita-Alltag beschreiben (z. B.
„Eingewöhnung“, „Sprachlerntagebuch“ oder „Puppentheater“) nicht adäquat wiedergeben. Deshalb müssen für Erstoder Entwicklungsgespräche mit nicht bzw. wenig Deutsch
sprechenden Sorgeberechtigten häufig Sprachmittlerinnen
oder Sprachmittler hinzugezogen werden. Gerade bei sensiblen Themen kann das für Eltern unangenehm sein. Für Kitaleitung und pädagogische Fachkräfte bedeutet es einen zeitlichen und organisatorischen Aufwand, der im Alltag nicht unbegrenzt geleistet werden kann. Die für die Zusammenarbeit
mit Familien so wichtigen spontanen Tür- und Angelgespräche
sind bei Sprachbarrieren kaum möglich.
Das Projekt
Im Frühjahr 2021 startete die erste Phase des bislang einzigartigen Projekts „SpeechTrans4Kita“. Über den Sommer wurde der
Prototyp für eine App (Demonstrator) entwickelt, der simultan
Dialoge im pädagogischen Kontext übersetzt. Gemeinsam mit
Testpersonen – Eltern, Studierenden der FRÖBEL Akademie und
pädagogischen Fachkräften, die in Sprachtandems zusammenarbeiteten – sammelten die Forschenden Ausdrücke, Begriffe und Formulierungen klassischer Elterngespräche und fütterten damit eine Open-Source- Datenquelle. Die App lernte
und durch das intensive „Training“ wurde die Qualität der Übersetzungen immer besser.
Hand aufs Herz – wie oft haben Sie als pädagogische Fachkraft ein Tür- und Angelgespräch mit Eltern aufgeschoben
oder nicht geführt, weil die sprachliche Verständigung schwierig ist und Ihnen im Alltag schlicht die Zeit dafür fehlte? Und
haben Sie nicht auch schon bei Elternabenden vermutet,
dass manche Eltern sich eher zurückhalten, weil sie nicht perfekt oder nur wenig Deutsch sprechen? Gemeinsam mit dem
Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI)
hatte FRÖBEL deshalb die Idee, Künstliche Intelligenz (KI) ganz
gezielt für den (spontanen) pädagogischen Dialog in zwei
Sprachen nutzbar zu machen. Eine App sollte entwickelt werden, die Gespräche im pädagogischen Kontext simultan
übersetzt und die dazulernen kann, damit die Qualität der
Übersetzungen stetig besser wird. Indem sie „lernt“, soll die
Qualität der Übersetzungen stetig besser werden.
* Autorengruppe Bildungsberichterstattung (Hrsg.)(2022): Bildung in
Deutschland 2022. https://www.bildungsbericht.de/de/bildungsberichte-seit-2006/bildungsbericht-2022.
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Bereits im November 2021 konnten die Projektbeteiligten den
Prototypen der App präsentieren. Durch die nutzerfreundliche,
sehr reduzierte Oberfläche ist die App intuitiv bedienbar. Die
Übersetzung wird in Form von Schrifttext und Audio zur Verfügung gestellt.