KINDgerecht Magazin für frühkindliche Bildung, Ausgabe 2 / November 2022 - Magazin - Seite 36
GESUNDHEIT
Bildschirmfrei
bis drei?
Herr Maske, in unserer digitalen Welt
kommt es zunehmend auch auf
digitale Kompetenzen an. Der
vielfach kritisierte „Digitalpakt
Schule“ der Bundesregierung
versucht das in den Schulen anzugehen. Ist das nicht schon etwas spät,
wenn man bedenkt, dass Kinder im
Alltag schon viel früher und zunehmend intensiver mit digitalen Medien
konfrontiert werden?
Zunächst vertreten wir als Berufsverband
die Ansicht „Bildschirmfrei bis drei“. In
den ersten drei Lebensjahren sollten Kinder also möglichst gar keine Bildschirmoder Medienerfahrung machen. Danach empfehlen wir altersabhängig
eine Begrenzung durchzusetzen. In Kitas
sollte generell auf Mediennutzung verzichtet werden.
Spannend. Da sind wir in der frühen
Bildung nämlich anderer Auffassung,
was ein kategorisches Nein angeht.
Wir unterscheiden gleich von Anfang
an zwischen alltäglicher Nutzung
und bewusstem Einsatz von Medien
als Ergänzung und Werkzeug. Im
bewussten Einsatz sehen wir für
unsere Kitas Chancen und die
Verantwortung, auch den Zwei- bis
Dreijährigen in unseren Einrichtungen
schon Medienkompetenzen mitzugeben.
Für uns heißt das ja nicht, dass es nicht
sinnvoll sein kann, medienbasiert mit Kindern zu arbeiten. Jedoch sollten die Medien nur den Fachkräften als Hilfe dienen. Wir denken nicht, dass man mit zwei
Jahren schon Medienkompetenz lernen
kann und soll. Hier würden wir eher versuchen, Eltern Medienkompetenz beizubringen.
Noch wird die Wirkung digitaler Medien auf
die Entwicklung von Kindern nur sporadisch
wissenschaftlich untersucht – trotz vieler Fragen.
Über Unsicherheiten und Überzeugungen
im Umgang mit digitalen Medien sprach
Josefine Koebe für KINDgerecht mit Jakob Maske,
dem Bundessprecher des Berufsverbandes
der Kinder- und Jugendärzte.
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Deckt sich diese Einschätzung mit
Ihren eigenen Erfahrungen, die Sie
als praktizierender Kinderarzt
machen?
Auf jeden Fall. Je früher man sich die Bedeutung der Medien als Eltern bewusst
macht, umso besser kann man seine Kinder durch die Lernphase führen. Wir sehen aber auch, dass Theorie und Praxis
hier oft weit auseinanderliegen.
Wenn Sie während einer U-Untersuchung von Eltern nach der richtigen
Dosierung von Bildschirmzeit für
Kinder gefragt werden – was ist dann
Ihre Antwort?
Das hängt natürlich stark von der Art der
U-Untersuchung ab. Wir betonen in den