KINDgerecht Magazin für frühkindliche Bildung, Ausgabe 2 / November 2022 - Magazin - Seite 9
Tabelle 2: Medien- und Internetnutzung von 2 – 6-Jährigen
miniKIM
2014
Kinder-MedienStudie 2018
Digitale
Medien-Studie
2015
2–5 Jahre
4-5 Jahre
6 Jahre
Geschätzte
tägliche
Nutzungsdauer
Filme und
Serien: Nutzung
(fast) jeden Tag
21 Min.
25,7 %
Pay-Streaming
21 Min.
1,2 %
Kostenfreie
Videoportale
15 Min.
0%
Online-TV
12 Min.
0%
Alter
2–5 Jahre
Maß
Nutzung
jeden/fast
jeden Tag
Fernseher
miniKIM
2020
44 %
Sonstige
Internetnutzung
1%
11 Min.
Digitale Spiele
20 %
6 Min.
Smartphone
2%
Internetnutzung
FIM-Studie
2016
BLIKK-Studie
2018
3–5 Jahre
2–5 Jahre
Nutzung
täglich/
mehrmals pro
Woche
Nutzungs
dauer täglich
(30–60
Minuten)
76 %
34 %
4%
26 %
1,3 %
10 %
3,4 %
Anmerkungen: miniKIM-Studie 2014: N = 97 (Spiele), N = 623 (Fernsehen) (Feierabend et al. 2015), miniKIM-Studie 2020: N = 600 (Kieninger et al. 2020),
Kinder-Medien-Studie 2018: N = 652 (Blue Ocean Entertainment AG et al. 2018), Digitale Medien-Studie 2015: N = 349 (Grobbin, 2015),
FIM-Studie 2016: N = 105 (Feierabend et al. 2016), BLIKK-Studie 2018: N = 2060 (Riedel et al. 2018)
Wirkung auf Gesundheit kaum erforscht
Ist die Datenlage was Mediennutzung und -ausstattung von
Kindern angeht schon sehr dürftig und kaum repräsentativ zu
nennen, wird diese bei der Frage nach Wirkungszusammenhängen noch dünner. Wie Bleckmann et al. (2022) festhalten,
liegen bisher deutschlandweit5 kaum verlässliche Daten aus
Längsschnittstudien mit mehreren Messzeitpunkten vor, die
Wirkungszusammenhänge nachweisen können. Dazu kommt
erschwerend hinzu, dass sich die Ausgangslage der Studien
zur Messung von Bildschirmzeiten durch die Erweiterung des
digitalen Medienspektrums weg vom klassischen Fernsehen
hin zu einer Bandbreite an digitalen Nutzungsmöglichkeiten
schnell ändert. Viel Variation besteht auch in Bezug auf die inhaltlichen und methodischen Ansätze in der derzeitigen Studienlandschaft. Die Stichproben sind in einigen Studien überschaubar und es finden sich nur wenige Studien, die repräsentative Aussagen treffen können.
1 Rund 20 Prozent der 4–5-Jährigen dürfen das Smartphone im
Haushalt mitnutzen.
2 Der Begriff der digitalen Medien variiert in Bezug auf die untersuchte
Ausstattung stark. In diesem Beitrag verwende ich digitale Medien als
Überbegriff für sämtliche Bildschirmtätigkeiten (engl. „screen-time“).
3 Hier wurden nur Studien aufgenommen, die die Medienausstattung im
Vorschulalter erfragen. Die FIM-Studie 2016 (Feierabend et al. 2016)
erhebt beispielsweise die Mediennutzung von Kindern im Vorschulalter,
bei der Geräteausstattung wird aber die Altersgruppe 6–19 dargestellt.
4 In diesem Beitrag wird das Augenmerk auf die kindliche Gesundheit und
Entwicklung gelegt. Weitere Forschungsfragen könnten die Auswirkung der
digitalen Mediennutzung auf die Beziehungs- und Bindungsqualität
zwischen Eltern und Kindern oder auch elterliche Zufriedenheit sein.
Die BLIKK-Studie (Riedel et al. 2018) findet signifikante Zusammenhänge zwischen einer erhöhten Mediennutzungsdauer
und einzelnen, von Eltern beobachteten Entwicklungsauffälligkeiten wie beispielsweise Sprachentwicklungsstörungen, Hyperaktivität und Konzentrationsstörungen.
Allerdings können auch in dieser Studie die beobachteten
Auffälligkeiten nicht ursächlich der erhöhten Bildschirmzeit zugeschrieben werden, da beispielsweise auch eine umgedrehte Wirkrichtung denkbar wäre nämlich, dass Kinder mit entsprechenden Auffälligkeiten aufgrund ihrer Entwicklungsstörungen vermehrt elektronische Medien in Anspruch nehmen.
Damit wäre der gemessene Effekt, den man der höheren Bildschirmzeit zuordnet, überschätzt. Für die quantitative Wissenschaft gibt es folglich noch viel Luft nach oben, wenn es um
die Frage nach gesundheitlichen Folgen geht. Aber was bedeutet das für die Medienarbeit in unseren Kitas?
5 Dieser Beitrag bezieht sich auf Studien zu Kindern in Deutschland, ohne
einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben. Vergleichbare Studien
aus der Schweiz und Österreich sind die ADELE+ Studie (Bernath et al.
2020) sowie die Studie „Die Allerjüngsten und digitale Medien“ (Institut
für empirische Sozialforschung 2020). Ein weiteres spannendes Forschungsprojekt aus Österreich „Kinder in der digitalen Welt“ studiert die
Auswirkungen von digitalen Medien auf kindliche Herzfrequenz und
Regeneration während des Schlafes. Ein Ergebnis ist, dass ein höherer
Medienkonsum mit niedrigerer Regeneration einhergeht (Lackner et al.
2020). Hoehe und Thibaut (2020) gehen in einem Übersichtsartikel zu
neueren Forschungsergebnissen der Frage nach, welchen Einfluss
digitale Technologien auf Hirnentwicklung und menschliches Verhalten
haben. Ihr Fazit: Digitale Technologien sind nicht per se gut oder
schlecht. Vielmehr komme es darauf an, wie sie eingesetzt werden.
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