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Dieser Prozess beginnt mit der Formulierung von Vermutungen, sogenannten Hypothesen, die dann in weiteren Schritten vertiefend überprüft werden. Dafür sind in der Regel neben
strukturierten Gesprächen mit Sorgeberechtigten und systematischen Beobachtungen, wie sie bestenfalls in der Kita erfolgen, auch die Anwendung spezifischer psychologischer oder
linguistischer Testverfahren nötig.
Auch weitere, teilweise medizinische Untersuchungen gehören dazu, denn es gilt auch mögliche Ursachen für eine beeinträchtigte Sprachentwicklung auszuschließen. Das kann
zum Beispiel ein vermindertes Hörvermögen sein, oder auch
ein Zusammenhang mit einer weiteren geistigen oder kommunikativen Beeinträchtigung des Kindes. Diese zusätzlichen
Schritte, vor allem die Anwendung von Testverfahren, sind
nicht Aufgabe der pädagogischen Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen und erfordern spezifische Kompetenzen.
Referenzen
Renate/Wurst, Elisabeth (2003): Entwicklungsdiagnostik.
In: Kubinger, Klaus D./Jäger, Reinhold S. (Hrsg.): Schlüsselbegriffe der Psychologischen Diagnostik. Weinheim: Beltz.
S. 119–123
Koglin, Ute/Hallmann, Andrea/Petermann, Franz (2011):
Entwicklungsdiagnostische Verfahren für die Arbeit mit
Kindern in den ersten drei Lebensjahren.
https://www.kita-fachtexte.de/fileadmin/Redaktion/
Publikationen/KiTaFT_KoglHallPeterm_2011.pdf.
(14.01.2022)
Entwicklungsdiagnostik – eine Definition
„Entwicklungsdiagnostik beschäftigt sich mit der wissenschaftlich fundierten Einschätzung motorischen, kognitiv-sprachlichen, emotionalen und sozialen Verhaltens von Kindern anhand weitgehend standardisierter Verfahren. Die Besonderheit
der Entwicklungsdiagnostik besteht darin, den aktuellen Entwicklungsstand eines Kindes innerhalb des altersabhängig verlaufenden Entwicklungsprozesses festzustellen“ (Fuiko/Wurst
2003, S. 119).
„Der Begriff ‚Entwicklungsdiagnostik‘ bezieht sich auf die
Darstellung und Bewertung von Entwicklungsverläufen, die Beschreibung von Entwicklungspotentialen und die Formulierung
von Entwicklungsprognosen. Die Erhebung eines Entwicklungsstandes verdeutlicht Defizite, Ressourcen und entsprechende
Abweichungen im Entwicklungsverlauf. Die Durchführung einer Entwicklungsdiagnostik sowie die angemessene Interpretation und Einordnung der Ergebnisse erfordert ein fundiertes
Fachwissen und sollte nur von diagnostisch geschulten Personen wie Kinderärzten und Kinderpsychologen durchgeführt
werden.“ (Koglin/Hallmann/Petermann 2011, S. 3)
Die systematische Sprachstandsbeobachtung in Kindertageseinrichtungen liefert also ganz entscheidende Hinweise
darauf, ob eine weiterführende Sprachdiagnostik überhaupt
erforderlich sein könnte und ist darum eine unverzichtbare
Stellschraube, um das Kind und seine Familie frühzeitig hinsichtlich weiterführender Unterstützung zu beraten.
Zusätzlich liefert sie – im Gegensatz zu Screeningverfahren
– wichtige Hinweise auf die individuelle, alltagsintegrierte Förderung der Sprache, die immer parallel auch in der Kindertageseinrichtung erfolgen sollte (vgl. Artikel S. 24–26 in diesem
Heft).
Die Autorin
Valeska Pannier ist Psychologin und leitet das Programm AUF!leben
bei der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung. Bis März 2022 leitete
sie die Abteilung Pädagogik und Qualitätsentwicklung bei FRÖBEL.
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