KINDgerecht - Magazin für frühkindliche Bildung, Willkommenskultur, "Sie spüren, ob wir ihre Sprache wertschätzen", Teil 1 - KINDgerecht Magazin für frühkindliche Bildung, Ausgabe 1, März 2022 - Magazin - Seite 22
KINDgerecht - Magazin für frühkindliche Bildung, Willkommenskultur, "Sie spüren, ob wir ihre Sprache wertschätzen", Teil 1
VORLESESTUDIEN DER STIFTUNG LESEN
Wer liest mir vor?
Mit den jährlichen Vorlesestudien untersucht die Stiftung Lesen, wie es
um das Vorlesen in Deutschland bestellt ist. Kinder, denen regelmäßig
vorgelesen wird, haben besonders gute Startchancen.
Die Ergebnisse stimmen optimistisch: In 91 Prozent der Kitas erhalten Kinder mindestens einmal am Tag Impulse durch
Geschichten. Das Vorlesen wird vielfältig in den Tagesablauf integriert – als festes Ritual, bei spontanen Gelegenheiten oder
als Kombination mit anderen Aktivitäten wie Sport und Bewegung, Basteln oder Spielen. Demnach erhalten Kinder in der
Kita mindestens einmal am Tag sprachfördernde Impulse durch
Geschichten.
62 Prozent der Fachkräfte betreuen Kinder, von denen sie
wissen, dass ihre Eltern ihnen zu Hause nicht oder nur wenig vorlesen. Und tatsächlich wissen viele Eltern wenig darüber, wie
wichtig das frühe Vorlesen und Erzählen ist, um die Entwicklung
ihrer Kinder zu fördern. Dass zwei Drittel der Eltern ihren Kindern
nicht vorlesen, hat viele Gründe, die die Vorlesestudie 2021 untersucht hat:
• Vielen fehlt die Zeit oder die Energie nach einem stressigen
Tag.
• Häufig sehen Eltern keinen Mehrwert im Vorlesen, denn sie
machen ja sonst schon viele Dinge mit ihrem Kind.
• Viele empfinden das Vorlesen als wenig attraktiv, fühlen sich
davon überfordert oder denken, dass sie nicht die nötigen
Fähigkeiten dafür haben.
• Eltern, die wissen, dass den Kindern auch in Kita und anderswo vorgelesen wird, meinen, dass sie selbst es dann nicht
mehr tun müssen.
Frühes Vorlesen und Erzählen unterstützt die ganzheitliche
Entwicklung von Kindern, denn es fördert die sprachliche Entwicklung, den späteren Zugang zu Lesekompetenz, Lesemotivation und Leseverhalten sowie darüber hinaus insgesamt die
kognitiven Fähigkeiten und Bildungserfolge . Darüber hinaus
zeigen die Studien einen engen Zusammenhang zwischen Vorlesen und einer guten Entwicklung von Persönlichkeit und sozialen Kompetenzen.
Mit Vorlesen und Erzählen Kinder ganzheitlich stärken
© Stiftung Lesen/Lesestart/Gordon Welters
Sie haben früh einen größeren Wortschatz, lernen leichter lesen, sind einfühlsamer und haben in vielen Fächern bessere
Schulnoten. Diese und weitere Erkenntnisse liefern die Vorlesestudien, die die Stiftung Lesen seit 2007 jährlich durchführt und
anlässlich des Bundesweiten Vorlesetages veröffentlicht. Dafür
werden zu unterschiedlichen Themen meist Eltern von Kindern
im Vorlesealter bevölkerungsrepräsentativ befragt. Die Studien
zeigen, dass ein Drittel aller Eltern nicht oder nur selten vorliest.
Ihren Kindern fehlen die positiven Impulse. Welche Gründe es
dafür gibt und wie Vorlesen im Alltag möglich wird, hat die Stiftung Lesen mit den Studien der vergangenen Jahre genauer
beleuchtet. Sie sind für Interessierte unter www.stiftunglesen.
de/vorlesestudie zugänglich.
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Kitas als Schlüsselakteure in der Leseförderung – Ergebnisse der
Vorlesestudie 2021
Neben dem Elternhaus ist die Kita der zweite zentrale Vorleseort für Kinder. Hier kommen diejenigen Kinder, denen zu Hause
nicht vorgelesen wird, oft erstmals mit Geschichten in Berührung. Für die Vorlesestudie 2021 hat die Stiftung Lesen deshalb
erstmals eine für die Kindertageseinrichtungen in Deutschland
repräsentative Gruppe von 507 pädagogischen Fachkräften
befragt. Sie wollte wissen, wie das Vorlesen in Kitas verankert ist
und wie die Fachkräfte die Vorlesesituation in den Familien und
ihre Rolle gegenüber den Eltern wahrnehmen.
Vorleseideen
Um pädagogische Fachkräfte bei ihrer Kommunikation mit
Eltern zu unterstützen, werden in den Vorleseideen Medienempfehlungen zusammengestellt, die von Tipps zum
Einsatz der Medien und von kreativen Aktionsideen zur
weiteren Beschäftigung begleitet werden. Diese sind für
Kitas und Familien praktisch aufbereitet und werden digital
nachhaltig bereitgestellt. Wöchentlich erscheint ein neues
Thema, das per Vorleseideen-Newsletter die pädagogischen Fachkräfte erreicht und dann gezielt an Eltern
weitergeleitet werden kann.
#medienvielfalt ist ein kostenfreies digitales Angebot.
Fachkräfte finden hier thematische Mediensammlungen
mit passenden Ideen zu den Einsatzmöglichkeiten der
einzelnen Tipps. Die Medienempfehlungen umfassen
Bilderbücher ebenso wie Apps, Hörspiele und weitere
Vorlesemedien.
Die Initiative „Lesen mit App“ unterstützt pädagogische
Fachkräfte in Kita und Schule sowie Eltern dabei, sich einen
Überblick über das App-Angebot zur Sprach- und Lese
förderung zu verschaffen und die geeignete Anwendung
zu finden. Auf www.lesenmit.app stehen kostenfrei Rezensionen zu Apps, Tipps zu ihrem Einsatz und Fortbildungsformate zur Verfügung.
Die Initiativen Vorleseideen, #medienviefalt und „Lesen mit
App“ werden vom Bundesministerium für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend gefördert.
Informationen über diese und zahlreiche weitere Projekte
stehen auf www.stiftunglesen.de zur Verfügung. Um über
die Aktivitäten der Stiftung Lesen informiert zu bleiben, lohnt
sich das Abonnieren des stiftungseigenen Newsletters unter
www.stiftunglesen.de/informieren/newsletter.
Um früh die Freude am (Vor)Lesen und Erzählen zu wecken und
Fachkräfte in ihrer Arbeit zu unterstützen, setzt die Stiftung
Lesen in Kooperation mit ihren Partnerinnen und Partnern bundesweit Angebote um. So zum Beispiel „Lesestart 1–2–3“, ein
bundesweites Programm zur frühen Sprach- und Leseförderung, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung
gefördert wird. „Lesestart“ richtet sich insbesondere an Familien mit Kindern im Alter von einem bis drei Jahren, in deren Familienalltag Vorlesen und Erzählen bislang keine große Rolle
spielt. Das erste und zweite Lesestart-Set erhalten Familien mit
ein- bzw. zweijährigen Kindern bei der U6- und U7-Untersuchung in ihrer Kinder- und Jugendarztpraxis. Das dritte Set für
Dreijährige überreichen teilnehmende Bibliotheken. Die Lesestart-Sets bestehen aus einer kleinen Stofftasche, einem Bilderbuch und mehrsprachigen Begleitmaterialien für Eltern.
Im hektischen Alltag fehlt vielen Eltern häufig die Zeit, eine
passende Vorlesegeschichte zu finden und diese dann im richtigen Moment zur Hand zu haben. Da hilft der kostenfreie VorleseService „einfach vorlesen!“. Wöchentlich stehen auf www.einfachvorlesen.de drei neue kostenfreie Vorlesegeschichten aus
bekannten Kinderbuchverlagen zur Verfügung. Die Geschichten
eignen sich für Kinder ab dreieinhalb und ab sieben Jahren.
© Stiftung Lesen/Lesestart/Gordon Welters
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