Frühling/März 2024 - Magazin - Seite 9
Interview
Es ist Zeit für innere Veränderung! – Interview mit der
Transformationsexpertin und Autorin Prof. Dr. Kathrin Köster
Siebzehn Jahre lang war Kathrin Köster als Professorin für internationales Management, Unternehmensführung und Organisation an der Hochschule Heilbronn tätig. Durch ihre langjährige Erfahrung als internationale Managerin sowie als Beraterin verschiedenster Organisationen in Europa, Asien und Nordamerika blickt sie weit über den Tellerrand hinaus und ist überzeugt, daß wir in allen Lebensbereichen einen Perspektivenwechsel benötigen. Diesen notwendigen Transformationsprozeß aktiv zu gestalten, ist ihr Anspruch und ihr Lebensinhalt.
Wer Kathrin Köster kennt, schätzt vor allem ihre vorbehaltlos positive Einstellung, ihren Enthusiasmus und ihre Begeisterung.
Liebe Kathrin, derzeit ist die komplette Welt im Wandel. Das
Alte vergeht, und etwas Neues entsteht. Die einen sehnen diese
Veränderung herbei, die anderen fürchten sich davor, zu Marionetten eines aufoktroyierten »Great Reset« zu werden. Du bist
ja seit vielen Jahren Transformationsexpertin. Wie erlebst Du
diese Wendezeit? Und wie wird man vom passiven Beobachter
zum bewußten Mitgestalter?
Kathrin Köster: Die Wendezeit erlebe ich als ‚WerdeZeit‘: Wir haben gerade als Kollektiv die einzigartige Möglichkeit, zu den Wesen zu werden, die wir wirklich sind. Natürlich geht das mit Ängsten einher, zumal all die Systeme,
mit denen wir groß geworden sind und an die wir geglaubt
haben, sich als hohle Fassaden entpuppen, die keine Sicherheit (mehr) bieten. Dieses massive Versagen der Institutionen kann jedoch als Segen für die eigenverantwortliche Entwicklung angesehen werden. Wenn nichts mehr da ist, woran
wir uns festhalten können, dann sind wir auf uns selbst gestellt und auf die Mitmenschen, mit denen wir direkt zu tun
haben. Wir bekommen also einen freundlichen Schubs vom
Universum oder von wem auch immer, damit wir uns davon
verabschieden, allen möglichen Personen die Verantwortung
für unser Leben anzuvertrauen, nur nicht uns selbst.
Wir sind gut beraten, unsere gesamte Kraft darauf zu lenken, uns selbst zum ‚Hauptprojekt‘ unseres Lebens zu machen, uns selbst zu beobachten und unsere Tricks, mit denen
wir uns sabotieren, zu durchschauen. Wenn man klarer sieht,
wie die eigenen Gedanken und Emotionen das (mit-)erscha昀昀en, was man da draußen in der Gesellschaft sieht,
kommt ein gigantisches Gefühl der Selbstermächtigung. Am
besten gelingt das durch Abschalten vom Strom der Negativnachrichten. Das scha昀昀t erst einmal eine Grundruhe, in der
man sich dann voll auf sich konzentrieren kann. Das hat
nichts mit Ignorieren, Realitätsferne oder Egoismus zu tun,
sondern mit dem Anerkennen dessen, daß man kein Opfer,
sondern Gestalter ist, der gut für sich sorgt. Mit dem bewußten Gestalten fängt man bei sich selbst an, beispielsweise, indem man dem Verstand Einhalt gebietet, wenn er sich endlos
Horror-Szenarien ausdenkt. Wie das im Detail geht, beschreibe ich in meinem Inner Leadership Buch, Kapitel 3 und
Kapitel 5.
Du befaßt dich seit vielen Jahren mit dem Thema Transformation. Wie kam es dazu? Kannst du uns kurz deinen Werdegang
schildern.
Kathrin Köster: Wenn wir Transformation als tiefgreifende Veränderung eines Systems verstehen, dann war dieses Thema bei mir schon in Teenager-Zeiten aktuell, wo ich
mich auf der Suche nach dem tieferen Sinn von Philosophien
angezogen fühlte, die das universelle Ganze mit dem ‚Kleinen’, dem einzelnen Menschen, verbinden. Konkret waren
das der philosophische Konfuzianismus und der Daoismus.
Ich fühlte mich so von diesen ganzheitlichen Denkwelten angezogen, daß ich beschloß, ihnen so nahe wie möglich zu
kommen. So studierte ich Sinologie und Japanologie neben
Wirtschaftswissenschaften und machte mich auf den Weg
nach Ostasien.
Allerdings hatte ich nicht bedacht, daß es recht unwahrscheinlich ist, daß die Menschen dort noch Philosophien leben, die vor über 2.500 Jahren entstanden waren. In China
wurde damals gerade die Macht des Geldes entfesselt, was
mich sehr enttäuschte, und so wendete ich mich nach Japan,
wo ich in der Alltagskultur mehr fand, das mich faszinierte.
Das galt vor allem auch für die Unternehmen, die irgendwie
ganz anders tickten als die im Westen. Ich promovierte
schließlich zum Thema Unternehmenstransformation in Japan, wurde Bestandteil eines solchen Unternehmens und
freundete mich mit dem Zen-Buddhismus an.
Vor allem hat mich beeindruckt und befremdet, wie das
Kollektiv ‚funktioniert’, und wie der Einzelne dazu gebracht
wird, sich bedingungslos anzupassen. ‚Do it anyway’ lautete
die Parole. O昀昀en gestanden, hat mich das Leben in Japan an
meine Grenzen geführt: Sowohl, was die Komplexität der
vielschichtigen Sprache angeht, als auch mein Wille und meine Fähigkeit zur ‚bedingungslosen’ Anpassung. In dieser
‚Grenzerfahrung’ habe ich wertvolle Erkenntnisse darüber
gewonnen, wie ich von meiner eigenen Kultur geprägt wurde,
was mich ausmacht, und was für mich persönlich ein lebenswertes Leben ist. Das hat mich Stück für Stück in die persönliche Transformation eintauchen lassen, was sich dann immer mehr auch zum Fokus meiner Wissens- und Erfahrungsvermittlung entwickelte.
NATURSCHECK Frühling 2024
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