Frühling/März 2024 - Magazin - Seite 30
Interview
Biozyklisch veganer Anbau – Interview mit dem Agraringenieur
Dr. Johannes Eisenbach
Johannes Eisenbach lebt eine echte Mission. Mitte der Neunziger Jahre kam er mit seiner Familie nach Griechenland und hat alle Höhen und Tiefen des griechischen Wirtschaftssystems
miterlebt. Inklusive der Umstellung auf den Euro. Er gründete eine der ersten Biofirmen des
Landes, und der von ihm propagierte »biozyklische« bzw. »biozyklisch-vegane« Anbau ist
heute richtungsweisend in der Ökobranche.
Lieber Herr Eisenbach, seit Jahren berichten wir über die Entwicklung der ökologischen Landwirtschaft. Sie sind seit Mitte
der 90er Jahre in Griechenland und erforschen dort die Entstehung von Humuserde unter biozyklisch-veganen Anbaubedingungen. Was hat Sie bewogen, nach Griechenland auszuwandern?
Dr. Johannes Eisenbach: Ich würde es nicht »auswandern« nennen. Es stand für mich seit meiner Kindheit fest,
daß ich irgendwann einmal (wieder) dort leben und arbeiten würde. Das läßt sich nicht nur rational erklären. Dazu
gehört auch, daß ich die griechische Sprache eigentlich nie
»erlernen« mußte. Es reichte der zündende Funke des Altgriechisch-Unterrichts, und alles war praktisch wieder da.
Und natürlich war da auch der Kontakt zu den in Wiesbaden
und Umgebung lebenden Griechen, mit denen ich meine
Jugend verbracht habe.
So kam es, daß ich in meiner Freizeit mehr griechisch
als deutsch redete. Ein Ausbildungsseminar der Agrarbank
von Griechenland für junge Auslandsgriechen, zu deren einer ich von der Seminarleitung kurzerhand erklärt wurde,
um an der fünfwöchigen Veranstaltung teilnehmen zu können, hat dann auch meinen späteren akademischen und beru昀氀ichen Weg geprägt, im Rahmen dessen ich mich überwiegend mit Themen, die die Zukunft der Landwirtschaft
Griechenlands betraf, beschäftigte.
Da scheint eine frühere Inkarnation durchzuschimmern … In
Griechenland gelten Sie als echter Ökopionier, der seit Jahren
dafür kämpft, das Thema »Bio« in der Landwirtschaft flächendeckend zu etablieren. Wo sehen Sie die Chancen und wo die
aktuellen Hindernisse?
Dr. Johannes Eisenbach: Bio-Landwirtschaft läßt sich
dauerhaft nicht durch Subventionen etablieren, sondern
durch Bewußtseinswandel, sowohl beim Verbraucher als
auch beim Erzeuger. Subventionen führen immer zu Verwerfungen, Trägheit und »Trittbrettfahrertum«. Antragsschübe werden mitunter durch staatliche oder europäische
Fördermöglichkeiten ausgelöst. Von Bestand ist so etwas allerdings nicht, und das Geld reicht für die vielen Anträge sowieso nicht aus. Aufbauarbeit kann nur durch Vorbild und
Freude am Entdecken der natürlichen Zusammenhänge geleistet werden. Am hilfreichsten dabei ist, wenn der Verbraucher durch seine Kaufentscheidung solche Initiativen
stützt.
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NATURSCHECK Frühling 2024
So haben wir von Anfang an versucht, durch die Anbindung der vielen kleinen bäuerlichen Bio-Betriebe Griechenlands und Zyperns an die internationalen Absatzmärkte für
Bio-Produkte, Anreize zu scha昀昀en, diesen neuen Weg einer
zukunftsfähigen Landbewirtschaftung mitzugehen. Mittlerweile vermeiden wir die etablierten Absatzkanäle des Lebensmitteleinzelhandels und unterstützen neue Wege des
Direktabsatzes wie den Vertrieb über Solawis, Biokistenanbieter oder genossenschaftliche Abholgruppen.
Während die uns bekannten ökologischen Qualitätszertifikate
wie Bioland oder Demeter noch immer eine Kreislaufwirtschaft
propagieren, in welcher das Nutztier eine essentielle Rolle
spielt, haben Sie in den vergangenen Jahren den sogenannten
»biozyklisch-veganen Anbau« etabliert. Also ein »tierfreies«
System! Warum Landwirtschaft ohne Tiere? Sind Nutztiere
nicht ein wichtiger Aspekt, wenn es um natürliche Kreisläufe
geht?
Dr. Johannes Eisenbach: In der Natur ist keine P昀氀anze
auf Anwesenheit von Tieren als Nährsto昀툀ieferanten angewiesen. Deshalb brauchen P昀氀anzen auch keinen Mist, um
wachsen zu können. Mist, und selbst daraus gewonnener
Kompost, enthalten in der Regel wasserlösliche Nährsto昀昀e.
In der Natur sind in der Regel alle P昀氀anzennährsto昀昀e vor-