univie 3/2022 - Magazine - Page 12
SCHWERPUNKT
Dabei setzt das Jungforscher*innenteam auf das
pflanzeneigene Potenzial
und sucht nach Nitrifikationshemmern, die von
den Pflanzen selbst erzeugt
werden. Im Frühjahr und
Herbst sind die Wissenschafter*innen – bewaffnet
mit Spaten und Bohrstock –
auf den Forschungsfeldern
der Agentur für Gesundheit
und Ernährungssicherheit
(AGES) anzutreffen, wo
sie wertvolle Bodenproben sammeln. „Die AGES
dokumentiert schon seit
über 30 Jahren, was auf
„Meine Definition von Boden: jede
Menge Mikroorganismen und dazwischen
ein bisschen Lehm und Sand, die alles
zusammenhalten.“
Petra Pjevac
12
1/ 23
Lesen Sie die Langfassung des Artikels,
(inkl. Video „Meet the scientists“) in:
rudolphina.univie.ac.at/planet
ihren Feldern gesät wird, und misst die
dazugehörigen Bodenparameter. Das sind
wichtige Informationen, wenn wir später im
Labor mit den gesammelten Mikroorganismen experimentieren“, erzählt Pjevac.
GRUNDLEGENDE FRAGEN BRINGEN
NEUE ANWENDUNGEN. Dort heißt es
dann nämlich: Trial and Error. Die Bodenproben werden verschiedenen Stoffen
ausgesetzt, um auf diese Weise jene zu
identifizieren, die die Nitrifikation hemmen.
Eine heiße Spur führt die Forscher*innen zu
alten Pflanzenarten, die aus den Zeiten vor
der künstlichen Düngung stammen: Diese
Varietäten scheinen wahre Umwandlungshemmer zu sein – die zugrundeliegenden
Stoffe, die durch die Züchtung in unseren
heutigen Sorten verloren gegangen sind,
gilt es nun zu charakterisieren.
Petra Pjevac, Holger Daims, Michael Wagner
und ihre Teams betreiben Grundlagenforschung, was sie antreibt, ist zuallererst
das Verstehen. „Doch genau die grundlegenden Fragen sind oft die Basis für neue
Lösungen“, gibt sich Pjevac optimistisch
und nennt das Verbot von FCKWs und das
schrumpfende Ozonloch als Beispiel dafür,
dass Ergebnisse aus der Forschung zweifellos das Potenzial für globale Veränderungen bergen.
Ähnlich einschneidende und wirksame
Veränderungen sind nun in Bezug auf
die Stickstoffkrise notwendig – und dazu
wollen die Forscher*innen mit neuem
Wissen aus der Welt der Mikroorganismen
beitragen. •
FOTO: SHUTTERSTOCK/ ROROTO12P · IRENE SCHAUR
„Hunting for
microbes“: In ein paar
Handvoll Erde leben
mehr Mikroorganismen als
Menschen auf dem
Planeten. Klar, dass
da noch längst nicht
alle bekannt und
beschrieben sind.
verursacht, werden in der Landwirtschaft
teilweise industriell erzeugte Nitrifikationshemmer eingesetzt. Die chemischen Helfer
beeinflussen aber nicht nur den Stickstoffkreislauf, sondern akkumulieren sich auch
in Pflanze und Tier; Rückstande wurden
jüngst sogar in Kuhmilch nachgewiesen.
„Die Risiken für uns Menschen sind ungeklärt“, berichtet Petra Pjevac.
Im aktuellen Forschungsprojekt „playNICE“
haben es sich die junge Mikrobiologin
und ihre Kolleg*innen zum Ziel gesetzt,
die „leaky pipeline“ im Düngeprozess zu flicken – und bauen dabei auf den bisherigen
Erkenntnissen zum Prozess der Nitrifikation
auf. Sie wollen im Rahmen ihrer Forschung
nachhaltigere Düngeverfahren entwickeln.