Ausstellung - Flipbook - Seite 42
Die Zukunft hat begonnen!
Möge der «Geist Camphills» an vielen Orten – heute und morgen –
hilfreich sein im «Kampf um das Menschsein», ob in den bisher entstandenen Gemeinschaften mit ihrem nicht einfachen Stand in der
Gegenwartskultur oder in den neuen Initiativen, zum Beispiel in
Vietnam, in Ruanda, in Sri Lanka und in Litauen, oder einfach dort,
wo Einzelne, mit diesem Impuls im Herzen, versuchen, Gutes in der
Welt zu bewirken. Die Diaspora, von der Anke Weihs schrieb, bleibt
eine moderne Wirklichkeit. Und die Gefahr, dass das eigentlich
Menschliche in der modernen Gesellschaft verloren geht, ist ebenso
aktuell heute wie im letzten Jahrhundert und nicht mit dem Ende
des Zweiten Weltkriegs verschwunden. Die hohen Ideale der
«Teilhabe» und der «Inklusion» müssen im Kontext der Situation
eines jeden einzelnen Menschen verstanden und umgesetzt und
können nicht pauschal verordnet werden. Die Frage, die den damaligen Flüchtlingen vor 80 Jahren vor den Augen stand, lautete:
«In welche Art von Gesellschaft kann der Mensch als Individuum
inkludiert werden?» Ihr Versuch war es, einen Samen für eine neue
Art des Zusammenlebens und -arbeitens zu säen. Der Dreiklang vom
eigentlichen Zwischenmenschlichen, einer gesunden Arbeitswelt
und einem den Menschen erhebenden Kulturleben war ihr Übungsfeld. Camphill, so verstanden, ist nicht schon alt und nach 80 Jahren
ausgedient, sondern steht erst am Anfang seiner großen Aufgaben!
Camphill Ghent, New York. Gemeinschaft im Alter
Was ist nun die vierte Entwicklungsphase der Camphill Bewegung?
Wahrscheinlich könnte man diese – heutige und zukünftige - Phase
so beschreiben: «Zurückblicken, um nach vorne zu schauen». Wie
versteht man die Relevanz der Ideen und Impulse Karl Königs für
die Gesellschaft von heute? Er fühlte sich auf jeden Fall immer der
Zukunft verpflichtet und man ahnt, dass er mit seinen Ideen weit
seiner Zeit voraus war. Gerade das kann jedoch zu Enttäuschung
und gar Verzweiflung führen – was für König keine unbekannte
Erfahrung war! Doch sah er die damalige – «erste» oder vorläufige –
Ausdrucksform Camphills als ein «Experiment» – und als «Samen».
Seine engsten Mitarbeiter mahnte er immer wieder, in Anlehnung
an die Worte Johannes des Täufers zur Bescheidenheit: «Wir sind
nur die Vorläufer der Vorläufer.» Doch die Reichweite und die
Signifikanz aller Anstrengungen in diese Richtung war ihm stets im
Blick. Wie können wir im Heute die Notwendigkeiten für das Morgen
erkennen und dazu beitragen, dass diese Samen in richtiger Weise
bewahrt, aber auch gesät und gepflegt werden? Karl König würde
wahrscheinlich antworten: «Das kann man sich gar nicht ausdenken,
sondern nur im Tun erkennen.»