WBV-Zeitung BerlinerFormat-Einzelseiten - Flipbook - Seite 13
HAVEN IM BLICK
DIGITALISIERUNG
in der Praxis
13
„Man ist nie zu alt fürs Internet!“
C.Ruebsamen und S. Cornelius
Wie Marion Fischer (74) als Seniorin zu Smartphone & Co kam – Ein Interview
Verhältnis durch die neuen,
digitalen Möglichkeiten verändert?
Ich habe regelmäßigen Kontakt zu
meinen Verwandten in England
und Kanada. Wir treffen uns über
FaceTime und nehmen somit virtuell am Familiengeschehen teil.
Was hat der Draht ins Internet in Zeiten der Corona-Pandemie für Sie bedeutet?
Ich war so froh, während der Pandemie meine fünfjährige Urenkelin regelmäßig online zu sehen. Ich
habe sie sehr vermisst. Im Januar
kam in Aachen mein Enkelsohn
zur Welt, den ich dann in den ersten Lebenswochen wenigstens online kennenlernte. Ohne die virtuellen Kontakte wäre die Pandemie
für mich als Seniorin sicher noch
schlimmer verlaufen.
Frau Fischer, Sie erwähnten,
dass Sie nach dem Tod Ihres
Mannes 2012 computertechnisch plötzlich auf sich selbst
gestellt waren. Wie waren die
ersten Schritte?
Ich startete mit einem Smartphone
und einem Tablet erst nach längerem Zögern aus Sorge, ich würde
es nicht verstehen und somit nicht
damit zurechtkommen. Mein Sohn
half mir bei den ersten, wesentlichen Schritten. Anfangs hatte
ich natürlich viele Fragen, die mir
aber mir aber mit viel Geduld beantwortet wurden. Ich denke, wir
Älteren haben einfach nur Sorge,
etwas verkehrt zu machen.
Welche Apps haben Sie als
erstes genutzt?
Die ersten Apps waren die GoogleSuchmaschine, die Kamera- und
die Foto-App. Zusätzlich nutzte
ich eine Übersetzer-App DeutschEnglisch. Es folgten Youtube,
Facebook und Facetime.
Hat sich in Ihrem Alltag
durch die Nutzung des iPads
konkret etwas verbessert?
Ich kann mein Wissen in alle Richtungen erweitern und bekomme
auf fast alle Fragen Antworten
über die Suchmaschine. Einzelne Antworten muss man kritisch
hinterfragen, aber die Mehrzahl
bringt mich weiter.
An wen haben Sie sich bei
Fragen gewendet?
Anfangs habe ich des Öfteren meinen Sohn kontaktiert, später habe
ich mir vieles über Youtube Tutorials beigebracht. Learning by doing!
Hat sich die Tatsache, dass
Sie ein iPad nutzen auch auf
Ihre gleichaltrigen Bekannten ausgewirkt?
Ich konnte meiner Familie in England und auch einigen Bekannten
das Tablet näherbringen und so
können wir heute wunderbar kommunizieren.
Sie erzählten, dass sie Familie in Großbritannien und Kanada haben. Wie hat sich das
Welche Hürden sehen Sie
für lebensältere Menschen
bei der Nutzung der digitalen
Angebote und wie kann man
ihnen aus Ihrer Sicht begegnen?
Ich denke, dass viele Senioren sich
nicht trauen, in die virtuelle Welt
einzutauchen aus Sorge, etwas
verkehrt zu machen oder es nicht
schnell genug zu kapieren. Einige
sagen dann schnell: „Ich interessiere mich nicht dafür“.
Was raten Sie Menschen Ihrer Generation, die zögern,
sich mit Smartphone&Co zu
beschäftigen?
Man ist nie zu alt fürs Internet!
Versuch macht klug und die Enkelkinder helfen bestimmt sehr
gerne! Besonders gut finde ich das
neue Angebot „Digital Kompass“
des Bauverein Rüstringen beim
„Treff - Auf Siebethsburg“. Das
zielt ja ganz besonders auf lebensältere Menschen!
Frau Fischer, wir danken für das
Gespräch! . ●
WIN@WBV übergibt OB Forderungen zum Thema Digitalisierung
Digitalisierung als Querschnittsaufgabe
Der Arbeitskreises Infrastruktur
und Stadtverwaltung der WIN@
WBV übergab Oberbürgermeister
Carsten Feist kürzlich ein Papier
zum Thema Digitalisierung. Die
Sprecher Olaf Fischer und Michael Janßen fassen darin Forderungen des Arbeitskreises zu
diesem hochaktuellen Thema zusammen. Im Rahmen des vorgeschlagenen Maßnahmenkatalog
wird insbesondere die Notwendigkeit aufgezeigt, Digitalisierung als
Querschnittsaufgabe der gesamten Kommune zu verstehen. Die
Beteiligung von lokalen KnowHow-Trägern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Bildung sowie der
Bürgerinnen und Bürger als Nutzer
ist zu berücksichtigen. Der Mehrwert der Digitalisierung muss für
alle Wilhelmshavener*innen im
Sinne ihrer „Smart City“ klar erkennbar werden. Ein wesentliches
Element einer effizienten Digitali-
sierungsstrategie ist aus Sicht von
WIN@WBV zudem die interkommunale Zusammenarbeit. Konkret schlägt der Arbeitskreis ein
Organisationsmodell vor, das den
genannten Aspekten Rechnung
trägt.
„Digitalisierung“ im Ausschuss
für Personal, Datenverarbeitung
und Gleichstellung nur ein erster
Schritt sein. WIN@WBV strebt für
die kommende Ratsperiode einen
eigenen Ausschuss „Digitalisierung“ an.
Das Onlinezugangsgesetzes (OZG),
das bis Ende 2022 zwingend vorschreibt, sämtliche Leistungen der
Verwaltung auch digital anzubieten, stellt die Verwaltung mit fast
200 Einzelleistungen unter hohen
zeitlichen Druck. Daher erachtet
es WIN@WBV als notwendig, die
Projektleitung als Stabsfunktion
in der Verwaltungsspitze anzusiedeln. Parallel zur Verwaltung
muss auch in der Politik dem Thema eine sehr hohe Priorität beigemessen werden. Daher kann
die von der Gruppe CDU/WBV
beantragte, regelmäßige Aufnahme eines Tagesordnungspunktes
Hinsichtlich der Entwicklung einer Digitalisierungsstrategie und
der daraus folgenden Ziele sieht
WIN@WBV zeitlich einen dringenden Handlungsbedarf. Am
Beispiel der Einführung eines
webbasierten Campus-Managementsystems an der Jade Hochschule erläutert Prof. Dr. Uwe
Weithöner die Zeithorizonte und
die Notwendigkeit der zeitnahen
Schaffung von personellen und organisatorischen Voraussetzungen.
Die Vernetzung der städtischen
Einrichtungen ist aus Sicht von
WIN@WBV qualitativ auf hohem
Niveau. Ebenfalls erkenne man an,
dass es im Laufe der Corona-Pandemie gelungen ist, einen erheblichen Teil der Beschäftigten mit
heimischen Telearbeitsplätzen zu
versehen. Ein Schwachpunkt dabei ist jedoch die vorhandene Telefonieanlage. Die AK Mitglieder
sehen aus eigener Erfahrung die
Einrichtung eines leistungsfähigen
IP-Telefonsystems als unverzichtbare Voraussetzung an, um beispielsweise die Beschäftigten am
Telearbeitsplatz anzubinden, die
telefonische Erreichbarkeit für die
Bürger zu verbessern und den Vorgaben des Datenschutzes gerecht
zu werden. Entsprechende Mittel
stehen im aktuellen Haushalt zur
Verfügung und die Maßnahme
sollte zeitnah angegangen werden.
Bis dato waren die Mitarbeiter der
Städtischen
Datenverarbeitung
überwiegend mit Aufgaben im
Rahmen der Pandemie beschäftigt. WIN@WBV schlägt vor, hier
auch auf die Erfahrungen der Jade
Hochschule zurückzugreifen.
WIN@WBV fordert, dass der Digitalisierungsschwung der Pandemie unbedingt genutzt werden
muss, um das digitale Bewusstsein
in der Kommune zu stärken und
den Prozess in Politik und Verwaltung zu beschleunigen. Dabei sind
die Verwaltungsprozesse mit den
Möglichkeiten der Digitalisierung
zu analysieren und zu gestalten.
Die besonderen Aspekte der Ergonomie, des Datenschutzes und
der barrierefreien Teilhabe aller
Bürgerinnen und Bürger sind zu
berücksichtigen.
Abschließend stellt WIN@WBV
fest, dass der Prozess der Digitalisierung Politik und Verwaltung
vor große Herausforderungen
stellt, die zeitnah angenommen
werden müssen. ●