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GESUNDHEIT
Von der Pflegebedürftigkeit zum Pflegegrad
HAVEN IM BLICK
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Verschiedene Lebenssituationen erfordern verschiedene Unterstützungsmaßnahmen
Sturz oder Krankenhausaufenthalt ausgelöst. Das Duschen fällt
schwer, das Anziehen der Socken
wird morgens zur Herausforderung, das Beziehen der Betten
oder das Reintragen des Einkaufs
erscheinen unmöglich – Zeit sich
um einen Pflegegrad Gedanken zu
machen!
Das Thema Pflege wird momentan medial immer präsenter.
Dennoch befassen die meisten
Menschen sich mit dieser Thematik erst dann genauer, wenn sie
selber oder ihre Angehörigen direkt konfrontiert sind. Doch was
bedeutet Pflege und Pflegebedürftigkeit eigentlich?! Meist ist der
Bedarf nach Pflege ein schleichender Prozess, häufig durch einen
Im Internet oder telefonisch stellt
man bei seiner Pflegekasse den
Antrag auf Leistungen der Pflegekasse. Daraufhin nimmt der
medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) Kontakt zum
Antragsteller auf. Im Rahmen eines einheitlichen Begutachtungsverfahrens, indem verschiedene
pflegerische und betreuerische
Bereiche des täglichen Lebens
auf Einschränkungen und Versorgungsdefizite in der Selbständigkeit für mindestens sechs Monate hin überprüft werden, wird
der Grad der Pflegebedürftigkeit
festgestellt.Laut Pflegeversiche-
rungsgesetz wird der Begriff der
Pflegebedürftigkeit in § 14 Abs.1
wie folgt definiert: „Pflegebedürftig (…) sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder
der Fähigkeiten aufweisen und
deshalb der Hilfe durch andere
bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche,
kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder
Anforderungen nicht selbständig
kompensieren oder bewältigen
können. Die Pflegebedürftigkeit
muss auf Dauer, voraussichtlich
für mindestens sechs Monate,
und mit mindestens der in § 15
festgelegten Schwere bestehen.“
Je nach erteiltem Pflegegrad,
haben die Versicherten nun Anspruch auf Leistungen. Abhängig
vom Umfang der Pflegebedürftigkeit, erhält der Versicherte den
Pflegegrad 1 (geringer pflegerischer Bedarf) bis Pflegegrad 5
(sehr hoher pflegerischer Bedarf).
Dabei kann der Versicherte zwischen Sachleistungen (die Pflege
wird von einem professionellen
Pflegedienst erbracht), Geldleistungen (die Pflege wird von einer
privaten Pflegeperson erbracht)
oder Kombileistungen (Pflegeperson und Pflegedienst erbringen
kollektiv die Pflege) seinen individuellen Ansprüchen entsprechend wählen. Zusätzlich hat der
Versicherte einen monatlichen
Anspruch auf Entlastungsleistungen, die von einem professionellen Anbieter zum Beispiel für
Hilfen im Haushalt, Begleitung zu
Arztterminen oder Unterstützung
beim Einkaufen genutzt werden
können.
Verschiedene Lebenssituationen
erfordern verschiedene Unterstützungsmaßnahmen.
Versicherte mit mindestens Pflegegrad 2 können zudem Leistungen
im Bereich Verhinderungspfle-
ge (die Pflegeperson ist temporär verhindert), Kurzzeitpflege
(kurzfristiger Aufenthalt in einer
stationären Einrichtung), Tagesund Nachtpflege (stundenweiser
Aufenthalt außerhalb der eignen
Häuslichkeit),
Wohngruppenzuschlag (beim Einzug in eine
Wohngemeinschaft), Wohnumfeldverbessernde
Maßnahmen
(bis zu 16.000€ jährlich für behinderten-/ pflegegerechten Umbau der Häuslichkeit), kostenfreie
Pflegekurse für Angehörige sowie Pflegehilfsmittel in Anspruch
nehmen und nach Bedarf einfordern.
Um die passende Versorgungsstruktur individuell zusammenzustellen, sollten persönliche
Beratungsgespräche mit den Kostenträgern oder einem ambulanten Pflegedienst erfolgen.
Der Pflegedienst Dumke steht
unter: 04421 7590510 zur Verfügung! ●
Covid-19 in der Frauenarztpraxis
Interview mit Dr. Angela Kirstges
nicht einfach so bei Großeltern
oder Freunden untergebracht werden.
Frage: Welche Auswirkungen
hat die Covid-19 Pandemie
auf die Arbeit in ihrer Praxis?
Oh, sehr viele, wir müssen und
mussten, wie alle anderen in dieser Zeit natürlich auch, auf die
Hygieneregeln achten um die Patienten, unser Personal und uns zu
schützen.
Dazu gehört die logistische Herausforderung immer genug Masken, Desinfektionsmittel und
Handschuhe für das Personal
und uns selbst vorrätig zu haben.
Mittlerweile geht das gut, aber
zu Beginn der Pandemie war das
schwierig und bis wir durch die
KV unterstützt wurden, war unsere eigene Kreativität gefragt. Eine
meiner Kolleginnen ist dafür zum
Beispiel prompt selbst in den Baumarkt gefahren und hat aus Plexiglas und Holz eine Schutzwand
für die Anmeldungsbereiche zum
Schutz unsrer Mitarbeiter gebaut.
Ich weiß gar nicht mehr wieviele
Hinweisschilder, Erklärungszettel
und Bodenmarkierungen wir angefertigt haben. Dann haben wir
Angebote für Luftfiltergeräte für
die kleinen fensterlosen Räume
verglichen und Schnelltests bestellt und vieles mehr.
Leider war es eine lange Zeit nicht
möglich, dass Begleitpersonen
mit in die Praxis kommen konnten, auch nicht die Partner der
Schwangeren. Auch keine Kinder,
was Mütter schon vor große Herausforderungen gestellt hat, denn
die Kinder lösen sich ja nicht einfach in Luft auf und konnten ja
wegen der Corona – Gefahr auch
Frage: War die medizinische Versorgung auch eingeschränkt?
Die Versorgung von Notfällen und
Patientinnen mit Beschwerden
war immer möglich. Aber im März
und April 2020 haben wir die Versorgung zur reinen Krebsvorsorge
insbesondere bei sehr alten Patientinnen oder bei Patientinnen
unter Chemotherapie oder anderen immunologischen Problemen
ausgesetzt oder verschoben.
Ab Mai konnten wir dann weitgehend wieder normal arbeiten,
denn da zeichnete sich schon ab,
dass es nicht um einen Zustand
von 2-3 Monaten, sondern um eine
sehr lange andauernde Pandemie
ging und bösartige Erkrankungen
können in so einem Zeitraum ja
auch zu einem lebensbedrohlichen
Problem werden. Daher kann man
die Vorsorge nicht einfach so lange
verschieben.
Frage: Haben Sie auch selbst
Kontakt mit covidinfizierten
Patienten gehabt?
Nicht wissentlich. Wir wurden
einmal im Nachhinein vom Gesundheitsamt informiert, dass
eine Patientin einen Tag nachdem
sie bei uns in der Praxis gewesen
war auffällige Symptome entwickelt hatte und dann auch eine
Covid- Infektion nachgewiesen
worden war. Glücklicherweise hat
sich dabei dank unserer Hygienemaßnahmen (Händedesinfektion,
FFP2-Masken für uns und medizinische Masken für die Patientinnen, regelmäßiges Lüften und
Abstand halten) niemand aus unserer Praxis angesteckt.
Wir hatten allerdings auch ein
paarmal Patientinnen, die Fieber
oder Symptome angaben, als es
noch keine Schnelltests gab und
die aber wegen Problemen mit
der Schwangerschaft nicht einfach ohne Kontrolle bleiben konnten. Dafür haben wir diese dann
am Ende der Sprechstunde, wenn
alle anderen schon die Praxis ver-
lassen hatten, einbestellt und die
gesamte Schutzmontur angezogen
um dann mit möglichst nur einer
Arzthelferin die notwendigen Untersuchungen zu machen.
Frage: Gab es noch weitere
Auswirkungen?
Ja es gab unzählige Anfragen zur
Impfung. Einige Patientinnen, die
wir zur Vorsorge regelmäßig sehen
und daher gut kennen, haben keinen Hausarzt. Vor allem diese haben sich dann mit ihren Fragen, ob
sie sich impfen lassen sollen und
mit welchem Impfstoff und wenn
sie mit Astra-Zeneca geimpft wurden, mit welchem Impfstoff sie die
Zweitimpfung durchführen lassen
sollten, an uns gewendet.
Eine besondere Patientengruppe
sind Schwangere. Für diese Patientinnen gibt es ja von der STIKO
(ständige Impfkommission) keine
Empfehlung zur Impfung, außer
bei Risikofaktoren. Allerdings
empfehlen die Fachgesellschaften (DGGG, deutsche Gesellschaft
für Gynäkologie und Geburtshilfe) wiederum alle Schwangeren
impfen zu lassen, da Schwangere
offensichtlich ein erhöhtes Risiko
für schwere Krankheitsverläufe
haben.
Genaueres dazu findet man unter:
https://www.dggg.de/leitlinienstellungnahmen/stellungnahmen/
empfehlung-der-covid-19-impfung-fuer-schwangere-und-stillende-frauen-1347/
Frage: Haben Sie sich selbst
auch impfen lassen?
Ja, wir Ärzte selbst und auch fast
alle unsere Mitarbeiter haben sich
impfen lassen, aber zum Beispiel
eine schwangere Mitarbeiterin
und eine Mitarbeiterin mit zahlreichen Allergien wurden nicht geimpft.
Wir wurden fast alle mit AstraZeneca geimpft, die meisten auch
beim zweiten Mal wieder.
Frage: Haben Sie die Impfungen
gut vertragen?
Ich selbst hatte Glück und hatte
nur Gelenkschmerzen und einen
großen roten Fleck am Arm an der
Impfstelle nach der ersten Imp-
fung. Aber so ungefähr ein Drittel von uns allen hatte stärkere
Nebenwirkungen. Insbesondere
haben auch die jüngeren Mitarbeiterinnen deutlich mehr unter den
Impfnebenwirkungen gelitten.
Wir sind alle sehr froh gewesen,
als wir einen wirksamen Schutz
durch die Impfung hatten und hoffen sehr, dass dies uns helfen wird,
im Herbst deutlich besser dazustehen als vor einem Jahr. Die wirklich guten Inzidenzzahlen in Wilhelmshaven geben ja auch Anlass
zur Hoffnung. ●
Linderung bei Nebenwirkungen nach
COVID-19-Impfung
Bei etwa einem Drittel der Geimpften traten folgende Nebenwirkungen
nach
COVID-19-Impfungen auf:
• Schmerzen an der Einstichstelle
• Abgeschlagenheit
• Kopfschmerzen
• Muskelschmerzen
• Unwohlsein
• Schüttelfrost
• Fieber
Darum sollte man sich für den Impftag und den Tag danach keine größeren körperlichen Anstrengungen zumuten, denn der Körper hat mit
Immunantwort ordentlich zu tun, auch wenn wir es nicht bemerken. Die
oben genannten Nebenwirkungen treten meist nach 6-24 Stunden auf
und verschwinden nach 1-4 Tagen wieder völlig von allein.
Bestehen andere ungewöhnliche oder starke Beschwerden oder bleiben
diese Nebenwirkungen darüber hinaus bestehen, insbesondere Kopfschmerzen, sollte der Hausarzt dazu aufgesucht werden. Auch wenn es
absolut nachvollziehbar ist, sollte man eine vorsorgliche Einnahme von
Ibuprofen, Diclofenac, Novalgin, ASS oder Paracetamol unterlassen. Da
dies womöglich die Immunantwort abschwächen könnte. Frühestens
nach 6 Stunden kann man bei starken Nebenwirkungen mit der Einnahme dieser Medikamente beginnen.
Was kann ich sonst gegen die Nebenwirkungen tun?
Ausruhen und schlafen ist zunächst das Einfachste was man gegen die
Nebenwirkungen tun kann.
Lokale Beschwerden lassen sich mit Kühlpads oder Gels, wie zum Beispiel Fenistilgel oder Gleichartigem gut abschwächen, ebenso hilfreich
sind Umschläge mit Arnika, Kamille, Pfefferminze und Thymian. Kamilletee oder Melissetee sind gut für die Muskelentspannung, den Kreislauf
und die Flüssigkeitsbilanz.
Wärme- oder Körnerkissen können Glieder- und Muskelschmerzen lindern. Kühles Duschen und kalte Kompressen auf der Stirn helfen gegen
Fieber. Allgemein gilt: Ausreichend Schlafen und Trinken auch schon
vor der Impfung wird die Impfneben-wirkungen sicher nicht maßgeblich beeinflussen, aber schon übermüdet und dehydriert zur Impfung zu
gehen wird auch nicht zum Wohlempfinden nach der Impfung beitragen. ●