Schaufenster Rüttenscheid - Flipbook - Seite 4
Vorwort
Rüttenscheid ist Vielfalt
Für mich ist die charakteristische Eigenschaft Rüttenscheids, die Vielfalt, die in allen Bereichen zu 昀椀nden ist.
Hier gibt es von allem etwas und das in der richtigen
Mischung und Qualität. All dies ist organisch und
dynamisch gewachsen und hat seine Gründe in der
Vorgeschichte, die es zu beachten gilt, wenn es um
Entwicklung geht. Die Mischung machts!
Ein Mischgebiet war Rüttenscheid seit seiner Urbanisierung Ende des 19. Jahrhunderts, als zunächst das
Bürgertum vor die Tore der reichen Stadt Essen ins
Grüne zog, wo Landwirtschaft dominierte. Dem folgten
dann Handwerk und Industrie nach. Aber schon zuvor
hatten viele Bauern ihre Höfe zu Aus昀氀ugslokalen
gemacht, so dass die Gastronomie eigentlich schon vor
der Urbanisierung da war.
Das schnelle Wachstum führte zu der städtebaulichen
Struktur eines „Straßendorfes“ entlang des alten
Handelsweges und ist damit ganz anders als historisch
langsam gewachsene Siedelungen mit konzentrischem
Aufbau um Kirche und Marktplatz herum. Das führt zu
großen Unterschieden, die bei der heutigen Verkehrsdiskussion weitgehend vernachlässigt werden. Einen
konzentrischen Stadtkern kann man gut sperren und
umfahren vielleicht mit Parkhäusern an der Peripherie,
ein Straßendorf nicht, zumal von allen Seiten Verkehrsbeziehungen bestehen.
Ein Mischgebiet ist lebendig, ermöglicht Nahversorgung sowie Wohnen und Arbeiten zusammen, was
heute ein Ideal der Städteplaner u.a. zur Vermeidung
von Verkehr ist.
Noch heute hat Rüttenscheid weit über 2000 Firmen
und ungefähr so viele Beschäftigte wie Anwohner - ca.
30.000. Für die Stadt Essen ist es also auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Große Einrichtungen sind Messe,
Grugahalle, Alfried Krupp-Krankenhaus, das angrenzende Klinikum sowie Hunderte Gesundheitsanbieter, das
Gericht mit vielen Anwälten und die Kreativwirtschaft
sowie einige große Dax-Firmen im Gruga-Carree.
Natürlich ist ein urbanes Quartier etwas für Menschen,
die das Urbane mögen, aber es gibt überall neben dem
Trubel auch das Ruhige und Beschauliche, die Nachbarschaft, viel Grün und nette Leute.
Zu solch einer vielfältigen Struktur gehört, dass es sehr
viele, unterschiedliche Gruppen von Beteiligten gibt, die
berücksichtigt werden wollen.
Was soll da der Maßstab dafür sein, wie ein Stadtteil
sein sollte? Es kann nur seine Geschichte und Entwicklung sein und dies vor allem dann, wenn ein Stadtteil
erfolgreich, also begehrt für viele Gruppen ist. Alles hat
seine Gründe.
Im Bestand hat städtische Planung ohnehin wenig
Spielraum weil baulich fast alles schon gegeben ist.
Ignoriert man, dass dieses vielfältige Ge昀氀echt von
Beziehungen, das organisch gewachsen ist, gute
Gründe hat, kann man schnell viel kaputt machen. Man
kann z.B. eine Geschäftsstraße, wie die Rü, nicht als
reinen Verkehrsweg behandeln. Mehrfach zeigte sich,
dass Verkehrsexperimente sehr geschadet haben.
Komplexe Systeme sind emp昀椀ndlich.
Rüttenscheid und der Einzelhandel, um den es hier geht,
sind ein Beispiel dafür, wie es über die mehr als 120
Jahre stets eine dynamische Entwicklung gab, ohne die