NL Magazin 0125-paperturn - Flipbook - Seite 13
„Lassen Sie uns KI als Werkzeug betrachten, das
bisweilen sehr nützlich eingesetzt werden kann, aber
nicht als ein persönlichkeitsbesitzendes Gegenüber.“
selbst erledigen, dafür einige Stunden
in dieser Kategorie, kann aber nicht die
Intelligent
Arbeit investieren und lernen dabei
Rede sein. So wird beispielsweise der
Ein Ansatz besteht darin, über Anwen-
etwas; oder Sie können schummeln,
VAR (Video Assisted Referee) im Fuß-
dungsfälle von KI nachzudenken, die das,
indem Sie die Lösung der Aufgabe einem
ball von den Fans weltweit deshalb nicht
was uns spezi昀椀sch menschlich macht,
KI-System übergeben, sparen Zeit und
gut angenommen, weil er das Spiel auf
tatsächlich stärken, anstatt es abzu-
Mühe, lernen dafür aber auch nichts.
unnatürliche, scheinbar willkürliche
schwächen. Ein menschliches Merk-
Ganz ehrlich: Unsere Erfolgsbilanz bei
Weise unterbricht und sich negativ auf
mal ist beispielsweise, begrenzt zu sein.
der Ausübung der hier nötigen Selbst-
alle Beteiligten auswirkt: Er beeinträch-
Wie Neil Lawrence in The Atomic Human
kontrolle ist nicht allzu gut, wenn die
tigt die Autorität des Schiedsrichters auf
erklärt, ist dies nicht nur eine Schwäche,
gebotenen Annehmlichkeiten leicht ver-
dem Spielfeld, das Erlebnis des Publi-
die es zu mildern gilt – sie prägt unsere
fügbar sind. Wir müssen mehr darüber
kums und die Motivation und Freude
Existenz und Intelligenz zutiefst. Zum
nachdenken und diskutieren, wie wir
der Spieler. Mit einem Wort: Er hat ent-
Beispiel ist die Art und Weise, wie wir die
damit in Anbetracht leistungsstarker
menschlichende Auswirkungen. Um hier
Welt erleben, davon geprägt, wie wenig
KI-Systeme, in gewissem Sinne ultima-
nicht panisch zu werden oder gar die
Informationen wir tatsächlich auf einmal
tiver „Komfort-Tools“, umgehen kön-
Ho昀昀nung zu verlieren, empfehle ich fol-
wahrnehmen können; der Wert, den wir
nen, wollen und müssen.
gendes Vorgehen:
einer Sache zuschreiben, hängt davon
ab, wie selten oder begrenzt diese Sache
Denkweise
„Problem ist im Kern
nicht die Realität,
sondern das, was wir
zu unserer Denkweise
über die Realität
gemacht haben.“
ist. Vor diesem Hintergrund könnten
was wir zu unserer Denkweise über die
1. Lassen Sie uns KI als Werkzeug
immer mehr Input überwältigt zu wer-
Realität gemacht haben. O昀昀en gesagt: KI
betrachten, das bisweilen sehr
den, als die bislang vielleicht ethischste
ist ein Riesending, sie berührt fast jeden
nützlich eingesetzt werden kann,
KI-Anwendung überhaupt erscheint.
Aspekt des Lebens und der Wirtschaft,
aber nicht als ein persönlichkeits-
aber keine große Sache. Die Transfor-
besitzendes Gegenüber.
Ich denke, wir müssen unsere Philosophie überdenken: Wenn wir keine Option
für eine ho昀昀nungsvolle Zukunft sehen
und die Kurve steil nach unten zeigt,
dann ist das wahrscheinlich keine korrekte Wiedergabe von Fakten, sondern
eine Frage der Denkweise. Problem ist
im Kern nicht die Realität, sondern das,
KI-Anwendungen, die uns die Illusion
von Unbegrenztheit vermitteln (zum
Beispiel die Möglichkeit, noch mehr
E-Mails zu schreiben, noch mehr Kontakte zu p昀氀egen), als nicht unbedingt
unterstützend für das angesehen werden, was uns wichtig ist, während der
SPAM-Filter, der uns davor schützt, von
mation kommt Schritt für Schritt auf
natürliche Weise daher und es gibt
2. Lassen Sie uns darauf achten,
reichlich Möglichkeiten, gut damit
dass die Verbesserung und der
umzugehen, wenn wir unsere Freiheit
Einsatz von KI eine klarere Sicht
und Handlungsfähigkeit nicht aufgeben.
auf das Menschliche erfordert, weil
Wenn wir nicht passiv werden, sondern
darin traditionell die Quelle des
als Menschen die menschliche gestalte-
menschlichen Wertes liegt.
rische Kraft nicht aus der Hand geben.
Natürlich kann ein KI-System in vielen
3. Lassen Sie uns den Menschen einen
Bereichen längst einzelne Aufgaben
ho昀昀nungsvollen Ausblick auf ihre
übernehmen, die sonst von Menschen
Zukunft geben, indem wir ihnen zei-
ausgeübt wurden. Von Wesen, denen
gen, dass sie die Möglichkeit haben,
eine Seele innewohnt, oder irgendetwas
diese konstruktiv zu gestalten.
Dr. Thilo Stadelmann,
verheiratet und Vater von
einem Sohn, ist Informatiker und
Professor für künstliche Intelligenz
und maschinelles Lernen an der
ZHAW School of Engineering
in Winterthur, wo er das Centre
for Artificial Intelligence leitet. Er ist Mitgründer der Data
Innovation Alliance, dem größten Innovationsnetzwerk für
datengetriebene Wertschöpfung
der Schweiz, und Gründer und
Verwaltungsrat von AlpineAI.
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