BadAiblingUrlaubsmagazin_2024 - Magazin - Seite 90
90 Zu guter Letzt
Geheimnisvolles Blau
Papp und Indigo, Küpe und Sternreifen –
das klingt alles recht fremd. Auch
unter einem Reservedruckverfahren
kann man sich wenig vorstellen. Aber
ein Besuch bei Blaudruckerin Swetlana
Becker in Bad Aibling lüftet das eine
oder andere Geheimnis. Allerdings
nicht alle.
E
in wunderschönes Jugendstilhaus,
eine verwunschene Werkstatt mit
alten Modeln, viel Holz und wunderbare
blaue Stoffe mit zarten weißen Mustern:
das alles erwartet die Besucher bei
Swetlana Becker. Sie ist eine der wenigen
Blaudruckerinnen, die es heute noch gibt.
Gerne erzählt sie über diese uralte Technik,
die sie erhalten und weitergeben möchte.
„Der Ursprung liegt wohl in Indien,
dem Land aus dem der hochwertige
Farbstoff Indigo kommt“, sagt Swetlana Becker. Sie hat das Blaudrucken
von ihrer Meisterin und ihrem Meister –
Johanna Henkenjohann und Bernd
Sander – gelernt. Vor vielen Jahren
traf sie die beiden bei gemeinsamen
Bekannten: „Vielleicht war es einfach
Schicksal, das mich hierher geführt hat.
Zwischen Johanna und Bernd und uns,
meinem Mann Andrej und mir, ist bald
eine Freundschaft entstanden. Wir haben
den beiden immer mehr im Haus und
im Alltag geholfen. Irgendwann haben
sie mich gefragt, ob ich Blaudruckerin
werden möchte. Das war der Anfang.“
Aus Grün wird Blau
Swetlana und Andrej sind vor mehr als
20 Jahren als Wolgadeutsche nach Bad
Aibling gekommen. Swetlana, die in
Russland als Grundschullehrerin gearbeitet
hatte, absolvierte eine Ausbildung
als Altenpflegekraft und als gerontopsychiatrische Fachkraft. „In meiner Arbeit
habe ich viel mit Menschen zu tun. Wenn
ich dann aber in meine Werkstatt komme,
tauche ich in meine Welt ein, in die Welt des
Blaudrucks“, so Swetlana Becker. Und das
ist eine ganz besondere Welt. Blaudruck
ist Reservedruck. Muster entstehen dabei
durch das sogenannte Reserveverfahren.
Swetlana Becker erklärt uns das so: „Die
Muster werden auf dem Stoff ‚reserviert‘,
daher kommt die Bezeichnung. Dafür
wird der Stoff mit speziellen Modeln
bedruckt, die zuvor in Papp getaucht
wurden. Dann wird der Stoff mehrfach gefärbt und der Papp anschließend
abgewaschen. Nun kommt das ursprüngliche Weiß wieder zum Vorschein, je nach
Muster des Models.“
Doch was ist dieser Papp? „Papp besteht
aus Gummi arabicum und Tonerde.
Es wird auch etwas Kupfer zugefügt, damit
man das Druckmuster auf dem weißen
Stoff erkennen kann“, erzählt Swetlana.
Verwendet wird vor allem Leinen, aber
auch Baumwolle und Seide kann bedruckt
werden. Und weil wir gerade beim
Erklären sind: Die Druckmodel sind aus
Holz, versehen mit Messingstiften und
Messingbändern, die ganz unterschiedliche Muster ergeben. Und Indigo ist ein
Farbstoff, der aus der Pflanze Indigofera
tinctoria gewonnen wird.
Nach dem Bedrucken kommt der Stoff,
der in vielen Bahnen auf einen Sternreifen
aus Eisen gehängt wurde, zum Färben