univie 3/2022 - Magazine - Page 15
SCHWERPUNKT
Legal Hacker
DIGITAL HUMAN RIGHTS. Der JusAlumnus Christof Tschohl
setzt sich für den Schutz unserer Grund und Menschenrechte in
der digitalen Welt ein. univie erzählte der Gründer von „Research
Institute – Digital Human Rights Center“, warum er dafür schon
zum „Hacker“ wurde.
ZUSAMMENSTELLUNG: SIEGRUN HERZOG
Ing. Dr. Christof Tschohl,
Alumnus der Rechtswissenschaften,
Gründer von Research Institute –
Digital Human Rights Center,
Vorstandsmitglied in der
DatenschutzNGO „noyb“
FOTOS: PRIVAT (2X)
„Menschenrechte und Digitalisierung
haben sich in den letzten zwei Jahr
zehnten als untrennbar miteinan
der verbunden gezeigt. Die digitale
Sphäre ist kein fernab bestehender
virtueller Raum, sondern ist für uns
alle ganz real. Viele Menschenrechts
fragen haben heute technische Impli
kationen, sei es, dass autoritäre
Regime Überwachungssysteme immer
mehr ausbauen wollen oder sich Men
schen in den sozialen Medien selbst expo
nieren und der Manipulation aussetzen.
Vor meinem JusStudium habe ich acht
Jahre als Techniker in der Telekomindustrie
gearbeitet, ich weiß daher auch, wie ein
fach es ist, diese Systeme zu überwachen
und anzuzapfen.
Schon vor der Gründung meines Forschungs
und Beratungsunternehmens habe ich
mich zivilgesellschaftlich engagiert, etwa
im ,Arbeitskreis Vorratsdaten Österreich‘
(kurz: AKVorrat), dessen Ziel es war, die
Vorratsdatenspeicherung zu bekämpfen.
Das hat zu folgender absurd wirkender
Situation geführt: Als Legist am Ludwig
BoltzmannInstitut für Grund und
Menschenrechte war ich selbst an der
Ausarbeitung der Novelle zur Vorrats
datenspeicherung beteiligt. Und per
Individualantrag habe ich dann genau
diesen Entwurf beim Verfassungsgerichts
hof angefochten. Ich bin damals gefragt
worden, ob ich vielleicht schizophren bin.
Aber mir ging es darum, zu zeigen, dass
das Dogma der verdachtslosen ,Vorrats
datenspeicherung‘ im Kern und vor allem
angesichts des Zugriffs der Polizei auf
Daten der Telekom und Internetwirt
schaft unvereinbar mit unseren Grund
rechten ist. Selbst wenn wir uns noch so
bemühen, ein technisch missbrauchs
sicheres Gesetz zu gestalten. Das war ein
Hack, der über fünf Jahre ging – kein
krimineller Hack, sondern im positivsten
Sinn des ethischen Hackens. Ich bin aber
bis heute davon überzeugt, dass wir
damals beim Europäischen Gerichtshof
nicht gewonnen hätten, wenn nicht ein
Monat vorher Edward Snowden mit sei
nen Informationen an die Öffentlichkeit
getreten wäre. Die Stimmung damals im
Juli 2013 in Luxemburg war so eine
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